Die Ferien haben gerade begonnen, juhuuu… aber leider nehmen einige Schüler ein negatives Gefühl mit in den Sommer. Nicht jedes Schuljahr verläuft konfliktfrei. Manchmal bauen sich Streitigkeiten mit einem Mitschüler oder zwischen Gruppen über längere Zeit auf und ziehen sich von Woche zu Woche. 

Eltern und Schüler fragen sich, ist es normal, dass es in den Klassen Gruppenbildung, Konflikte oder auch Mobbing gibt? Wo sind denn da die Grenzen? Ab wann spricht man von einem ’echten‘ Konflikt und wann ist es einfach nur ’ein bisschen Hänseln‘? Wann ist der richtige der Zeitpunkt, wo Eltern oder der Lehrer/die Lehrerin handeln sollten? 

In Schulen treffen Interessen und Bedürfnisse von vielen Menschen – Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen – aufeinander. Dass es hier Konflikte gibt, ist nicht nur ein Faktum, es kann auch bereichernd sein in Bezug auf die persönliche Entwicklung und der sozialen Kompetenzen. Es ermöglicht, neben den schulischen Themen, den zwischenmenschlichen Umgang zu entwickeln – zu lernen, wie mit Konflikten und Streit umzugehen ist. Denn, es muss bei einem Konflikt nicht unbedingt Verlierer und Gewinner geben.

Das Ziel der Mediation ist, ein “WIN-WIN“ mit allen Beteiligten eines Konflikts zu erreichen. Viele Eltern fragen sich, wie Konflikte in Schulen gehandhabt werden. In manchen Schulen gibt es dafür die Peer-Mediation, aber was ist das genau? Wir sind der Frage nachgegangen…

Peer-Mediation

In diversen Schulen wird seit einigen Jahren die Peer-Mediation angewendet. So nennt man die geführte Konfliktlösung unter Schülern. Freiwillige werden in der Peer-Mediation ausgebildet, um andere Schülerinnen und Schüler dabei zu begleiten, ihre Konflikte unter sich zu regeln. Die Peer-Mediatoren sind – wie die erwachsenen Mediatoren – neutrale Personen, die für die Einhaltung des Mediations-Prozesses sorgen und die Interessen und Bedürfnisse aller Beteiligten vertreten. Gemeinsam wird im Mediations-Prozess nach einer zukunftsorientierten, nachhaltigen Lösung gesucht und am Abschluss steht eine Vereinbarung aller Konfliktparteien, um ein gutes Miteinander in der Gemeinschaft für die Zukunft zu ermöglichen.

Um zu sehen, wie dies in der Praxis gelebt wird, unterhalten wir uns mit einer – inzwischen – ehemaligen Peer-Mediatorin.

Ein Blick hinter die Kulissen 

MzF: Liebe Elena, vielen Dank für deine Bereitschaft, uns an deinen Erfahrungen als Peer-Mediatorin teilhalben zu lassen. Du hast ja vor kurzem maturiert, wenn wir nun ca. 8 Jahre zurückblicken: Wie bist du darauf gekommen, dich zur Peer-Mediatorin ausbilden zu lassen?

Elena: Wir hatten eine Gruppenmediation in der ersten Klasse. Einige Wochen nach dem Schulstart im Herbst haben sich Gruppen gebildet. Es gab einige Streitigkeiten und viel Unruhe in der Klasse. Ich war eher ruhig und konnte mich kaum auf den Unterricht konzentrieren. Unser Klassenvorstand hat dann Peer-Mediation vorgeschlagen. Wir wussten nicht, was auf uns zukommt – dachten, dass wir nun alle eine Zurechtweisung erhalten würden. Die Peer-Mediation hat dann in der Bibliothek der Schule stattgefunden – einem neutralen Ort. Unsere Mediatoren kamen von der 6. und 7. Klasse. Nach nur einem Termin hat sich die Situation in der Klasse wesentlich verbessert. Das Klima war viel angenehmer. Das hat mich überzeugt. Am Beginn der 2. Klasse habe ich mich für die Ausbildung zur Peer-Mediatorin angemeldet.

MzF: Wie lange dauert diese Ausbildung?

Elena: Bei uns ist es als Freigegenstand wählbar und läuft durch die ganze 2. Klasse, 2 Wochenstunden. In dieser Zeit haben wir die Grundlagen der Mediation kennengelernt, Modelle für Konfliktregelung und sehr viel über das soziale Miteinander gelernt. Das alles werde ich nie wieder vergessen.

MzF: Und wie kommen die Fälle zur Peer-Mediation? Wie läuft das in deiner Schule ab?

Elena: Wir haben eine Box aufgestellt, wo jeder Schüler eine Anfrage an die Peer-Mediatoren einwerfen kann. Je nach Fall und Thema werden dann immer 2 Mediatorinnen oder Mediatoren einer Anfrage zugeordnet, die dann auf den Fall-Einbringer zugehen und das Gespräch suchen. Innerhalb der Unterstufe werden die Fälle üblicherweise von den Peer-MediatorInnen der 3. und 4. Klasse übernommen. Bei größeren Fällen, wie unserer Gruppen-Mediation, übernehmen das eher MediatorInnen der Oberstufe – ich hätte mir so eine große Mediation in der Unterstufe keinesfalls zugetraut.

MzF: Wann bist du zum ersten Mal selbst als Mediatorin aufgetreten? 

Elena: In der 3. Klasse wurde ich als Peer-Mediatorin aufgestellt. Der erste Auftritt war dann die Vorstellung bei den Erstklässlern. Jedes Jahr stellen sich alle Peer-Mediatorinnen und Mediatoren in den ersten Klassen vor, damit die jungen Schüler wissen, wohin sie sich bei einem Konflikt wenden können. Einige Wochen später wurde ich zu einer Mediation mit einer Kollegin aus der 4. Klasse eingeteilt. Ein Lehrer hatte zwei Schüler zur Peer-Mediation geschickt, da sie häufig gestritten haben. Für die Gespräche hatten wir einen guten Leitfaden – von der Sitzordnung, dem Ablauf bis zur Vereinbarung unter den Streitenden, gibt es eine klare Struktur. Mit diesem Werkzeug, das wir gut eingeübt habt, konnten wir die Jungs zu einer annehmbaren Lösung für beide führen – das war echt cool. Die meisten Gespräche, die ich in dieser Rolle geführt habe, hatten eine positive Auswirkung auf das Miteinander der Schüler. 

In der 6. Klasse hatte ich einen Fall, wo eine Schülerin der 2. Klasse gemobbt wurde. Wir haben es in der Peer-Mediation zu einer Lösung geschafft, die alle beteiligten Schüler unterschrieben haben. Im Kontrolltermin nach ca. 2 Wochen haben wir überprüft, ob die Vereinbarung eingehalten wurde. Es ist ein tolles Gefühl zu wissen, dass ich zu einer Verbesserung der Situation beigetragen habe.

MzF: Was hat dir an der Peer-Mediation in deiner Schule am besten gefallen?

Elena: Die Gemeinschaft unter den Peer-Mediatorinnen und Mediatoren. Wir haben über die Jahrgänge hinweg zusammengearbeitet und einmal im Jahr einen tollen Ausflug gemacht. 

Wie Elena machen jedes Jahr viele Schülerinnen und Schüler die Ausbildung zur Peer-Mediatorin oder zum Peer-Mediator. Sie lernen, wie ein Mediationsverfahren abläuft, wie man gut mit Konflikten umgehen kann und viel über Kommunikation und Gesprächsführung. Dieses Wissen wird in den Mediations-Fällen dann in der Praxis angewendet. Ein tolles Beispiel für die Umsetzung von der Theorie in die Praxis UND eine gute Möglichkeit eine positive Gesprächskultur unter den Jugendlichen zu etablieren. Nicht Lehrer/Lehrerinnen lösen die Konflikte der Schülerinnen und Schüler – sondern Jugendliche, Mitschüler, kaum älter als sie selbst, sind in der Lage Konflikte durch Gespräche zu lösen.
Eine Ausbildung für’s Leben… 

Wenn Peer-Mediation nicht zum Ziel führt

In manchen Fällen werden die Grenzen der Peer-Mediation jedoch leider gesprengt. Wenn sich ein Konflikt über mehrere Monate oder vielleicht sogar Jahre zieht, sind die Verletzungen manchmal tief. Gräben tun sich auf, die schwer zu überwinden sind. Es gibt Fälle, wo die Peer-Mediation schlichtweg überfordert ist…

Um zur Eingangsfrage zurückzukehren – wann ist der richtige Zeitpunkt, wo Eltern handeln sollen? Wir sagen: wenn ein Kind leidet; wenn sich durch die Peer-Mediation keine Besserung der Situation einstellt; wenn Jugendliche partout nicht mehr in die Schule gehen wollen; wenn sich häufig Krankheiten einstellen, die dem Kind ermöglichen zuhause zu bleiben – schauen Sie genau hin, manchmal verstecken sich hinter physischen Problemen größere Themen!

Das Mediationsteam des MzF steht Ihnen gerne für weitere Informationen zur Verfügung.